Linda Kaiser

High Tea in Köln oder Vornehmsein auf rheinisch

Wenn der Rheinländer in Urlaub fährt, isst er im Frühstücksraum des Hotels sein Butterbrot mit Messer und Gabel. So habe auch ich es von meiner Großmutter gelernt und gesehen, dass es heutzutage sogar Menschen gibt, die ihr Marmeladenbrötchen auf diese Weise verzehren. Hut ab, für so viel Können und Kreativität.

Wenn die lokale Kultur jedoch auf eine andere lokale Tradition trifft, kann es zum Kulturen-Clash der besonderen Art kommen. So geschehen vergangenen Sonntag beim High Tea in einem Kölner Hotel.

Das Angebot der klassischen britischen Teestunde gibt es in deutschen Hotels bereits seit Längerem. Die Umsetzung ist mit der im Ritz Hotel in London nicht zu vergleichen, aber die Basisbestandteile des High Tea werden im Groben gut präsentiert: Tee aus dem Beutel im Kännchen (im Original mit losen Teeblättern, die über ein Teesieb, das über der Tasse platziert wird, abgegossen werden), Fingersandwiches (hierzulande gerne in Form eines Dreiecks geschnitten – vielleicht ist das der Fehler …), Scones mit Clotted Cream und Marmelade sowie Kuchen (aus der Zitronentarte wird gerne ein Puddingtörtchen) sowie Pralinen und Teegebäck. Zum Royal High Tea wird vorab ein Glas Champagner gereicht, das die Zeremonie adelt.

Das dazugehörige Gedeck besteht aus Teetasse mit Teller und Löffel, Kuchenteller sowie einer Gabel und einem Messer. Die Mathematiker und Strategen unter den Lesern beginnen jetzt schon zu knobeln, welches Besteckteil für welche Speise verwendet wird. Denn gewechselt oder nachgedeckt wird nicht – und das bei der Vielzahl der verschiedenen Speisen.

Die Realität am Rhein sah dann bei den Nichtmathematikern folgendermaßen aus: Sandwich mit Messer und Gabel vom Tray auf den Teller gehievt, auf rheinische Art mit Messer und Gabel zerteilt und gegessen. Danach den Kuchen nachgeladen: Schokoladencreme trifft auf Lachsrest, Butterkrokant schwimmt im Gurkensaft und an der Puddingtarte klebt ein Blättchen Kresse. Lecker. Zuletzt kommen die Scones auf den Teller, nachdem diskret per Rückfrage beim Nachbarn geklärt wurde, was das ist. Glücklicherweise hatten sowohl Clotted Cream als auch Marmelade Portionslöffelchen, sodass sich die fröhliche Komponentenmischung nicht auf die Vorlageschüsselchen ausdehnte.

Merke: Wenn der Mensch unsicher ist oder vornehmer tut, als er von Haus aus ist, verweigert das Gehirn seinen Dienst. Das ist ein Schutzautomatismus, dem wir hin und wieder ebenso vertrauen sollten wie unserem Bauchgefühl.

Für alle, die im Advent zum High Tea eingeladen sind, hier die Lösung des Rätsels:

  1. Fingersandwiches heißen zwar so, weil sie die Form und Größe eines Fingers haben, werden aber auch mit selbigen zum Mund geführt.
  2. Scones werden wie Brot vor der Mahlzeit auseinandergebrochen und nicht geschnitten. Mit dem Messer werden Clotted Cream und Marmelade auf die abgebrochenen Scone-Stückchen aufgetragen und selbige ebenfalls mit der Hand zum Mund geführt.
  3. Der Kuchen wird mit der Gabel gegessen, wobei diese in die rechte Hand genommen wird.
  4. Bei so viel Handarbeit kommt die Stoffserviette, die während der Teatime auf dem Schoß geparkt wird, so richtig zum Einsatz.

Und auch wenn es noch so vornehm rüberkommt: Der kleine Finger wird weder beim Anheben der Teetasse noch beim Essen des Fingerfoods abgespreizt.

Also: Anpacken und Tee trinken!

Label or not

VL, CC, GG, MK, die goldene Medusa oder das E für Escada: All diese Icons stehen für bekannte Modehäuser, erfolgreiches Marketing und teure Handtaschen.

Doch ist es noch zeitgemäß, dass eine Frau mit Stil ihre Handtasche trägt wie ein Fußballspieler sein Trikot – als Werbeträger?

Kritiker werden zu bedenken geben, dass der Fußballer für das Herumlaufen mit Werbung von einem Sponsor bezahlt wird. Die Dame hingegen zahlt dem Hersteller viel Geld, um für ihn Werbung zu machen. Das hat einen guten Grund. In einigen Gesellschaften und in der Wahrnehmung der breiten Masse zeugt das Tragen einer Label-Handtasche von Wohlstand und Status. Die Betonung liegt hierbei aber auf „einigen“ und „breite Masse“. Wer wirklich reich und wichtig ist, trägt das Label seiner Tasche nach innen beziehungsweise wählt aus dem Sortiment das Modell mit der dezentesten Kennzeichnung.

Besonders schön zu beobachten ist dies an denjenigen Flughafenterminals, an denen die Maschinen nach Sylt starten. Der Wert der mitfliegenden Handtaschen übersteigt um ein Vielfaches den des Flugzeugs inklusive Kerosin, sichtbar ist dieser Reichtum jedoch alleine für den Kenner. Selbst die VL-Taschen kommen fast ohne Logo daher und die beliebte Speedy oder die Keep All im Logo-Canvas schleicht sich höchstens am Arm eines Teenies auf Klassenfahrt oder für den Transport der Babywindeln als Dritttasche beim Familienausflug ein.

Die guten Stücke, die in Düsseldorf von keinem Kaffeebarhocker wegzudenken sind, haben in der Welt der wirklich Reichen keinen Platz. Hier schätzt man zum einen das Understatement und zum anderen die Qualität guter Handarbeit und guter Designs, die keiner sichtbaren Auslobung des Preises bedürfen.

Trotzdem gehören in einen gut sortierten Kleiderschrank beide Varianten der besten Freundin einer stilvollen Frau. Die Logo-Spaßbag für den Samstagsbummel über die Kö und das Understatementmodell für den stilvollen Auftritt in der großen Gesellschaft. Also Mädels: Spart schön weiter auf eure Traumtaschen und lebt euch fashionmäßig aus. Doch alles zu seiner Zeit und am richtigen Ort. Die richtige Strategie ist alles.

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